Vielseitige Bildung für Alle, statt neoliberale Reform für die Wirtschaft: Position der SDAJ-Bayern zum Eckpunktepapier des bayrischen Hochschulgesetzes

veröffentlicht am: 26 Jan, 2021

Bildung sollte uns dazu befähigen, uns unserer Lage bewusst zu werden, die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisch zu hinterfragen und entsprechend unserer Interessen zu handeln. Dazu gehört die theoretische und praktische Vermittlung des aktuellen Wissens- und Entwicklungsstandes der Gesellschaft. Erst das bildet die Basis für gesellschaftlichen Fortschritt.

Doch genau das ist nicht vorgesehen im Eckpunktepapier zur bayrischen Hochschulreform. Vielmehr schneidet es unsere Bildung noch mehr auf die Bedürfnisse der großen Banken und Konzerne zurecht. Unter dem Motto ,,Unternehmerische Hochschule“ werden der Wirtschaft allerhand Geschenke gemacht. So können die Hochschulen und Unis in Zukunft in Personal-Körperschaften öffentlichen Rechts umgewandelt werden. So heißt es im Dokument: „Ziel ist die maximale Verschlankung und Deregulierung“. Die Unis stünden dann kaum mehr unter Einfluss des Staates, geschweige denn demokratischer Kontrolle, von der schon momentan kaum zu sprechen ist. Der Druck für die Unis, Drittmittel zu generieren wächst. Drittmittel gibt es nur aus der Wirtschaft. So wird zwangsweise der Einfluss dieser auf die Forschungs- und Lehrinhalte steigen. Fächer, die keinen Gewinn einbringen (z.B. kulturelle Fächer, Geisteswissenschaften), werden stark beschnitten, oder gestrichen werden.

Das ist eine Hochschulreform für die Großen

Denn was sich nicht für das Kapital lohnt, kann sich dennoch für die Gesellschaft lohnen. Hätten Forscher den Klimawandel entdeckt, wenn Sie nur kurzfristig gedachte, gewinnbringende Forschung betrieben hätten? Und wie schaut es mit dem kulturellen Erbe der Menschheit aus? Forschung hierzu lässt sich auch nicht in großem Maße gewinnbringend betreiben. Doch diesem Gesetz geht es nicht um einen Gewinn für die Gesellschaft, sondern um noch größere Profite für wenige.

Dazu kommt, dass die Unis so mehr und mehr in Konkurrenz zueinander treten, wie private Unternehmen. Dies könnte vergleichbar werden mit der Konkurrenz zwischen kapitalistischen Betrieben. Mit einer Standortlogik wird dort die Konkurrenz unter den Betrieben auf dem Rücken der Arbeiter:innen durch Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerungen und ähnliche Schandtaten ausgetragen. Die schon jetzt äußerst prekären Bedingungen für den Mittelbau (angestellte wissenschaftliche Mitarbeiter:innen) und die anderen Angestellten an den Unis werden weiter zunehmen. Dies wird so auch auf die Universitäten übertragen.

Außerdem wird es durch den Kampf der Unis um Drittmittel zu einer Herausbildung von wenigen Eliteunis kommen, während es bei anderen Unis zu noch größeren Finanzierungsengpässen kommt. Des Weiteren wird die Möglichkeit der unternehmerischen Betätigung für Hochschulen, Unis und Professor:innen erleichtert und Steuergelder für die Kooperation mit Banken und Konzernen bereitgestellt. Das kommt einer Subventionierung privater Unternehmensgewinne durch die Bevölkerung gleich.

Durch ein sogenanntes Gesamtlehrdeputat wird es möglich, reine Forschungsprofessuren zu installieren. Die Lehre für die Studierenden wird dadurch abqualifiziert und durch weniger qualifiziertes Personal übernommen werden, welches es dadurch wiederum schwerer haben wird, Forschungserfahrung zu sammeln. Auch hier zeigt sich wieder: Forschung durch die hochqualifizierten Professor:innen für die Konzerne, während an der Lehre gespart wird.

Bildung sollte allen offenstehen! Die geplanten Studiengebühren für Nicht-EU-Studierende spaltet uns als Studierende. Sogar EU-Bürger sind nicht vor Studiengebühren durch die Hintertür geschützt, denn diese könnten in Form von Prüfungsgebühren oder Gebühren für Masterstudiengänge erhoben werden. Hiermit wird ein hart erkämpfter Erfolg der Studierenden im Schatten der Krise zurückgenommen.

Demokratisch sieht anders aus

Auch das Berufungsrecht, also die Besetzung der Professuren, wird an die Unipräsidenten übertragen, was ein offenes, demokratisches Auswahlverfahren ausschließt. Die Studierenden haben hier nach wie vor nichts mitzureden, obwohl es um ihre Lehre geht.

1974 wurde in Bayern die Verfasste Studierendenschaft (VS) abgeschafft um – wie es unser damaliger Kultusminister Hans Maier ausdrückte – „den linken Sumpf an den Universitäten trocken zu legen“. Auch eine verfasste Studierendenschaft wird es mit dem neuen Gesetz nicht geben. Die Studierenden erhalten weiter kein allgemeinpolitisches Mandat. Immer wird uns eingeredet in welcher beispielhaften Demokratie wird leben, doch wenn es um die Dinge geht, die uns alltäglich berühren, sollen wir schön den Mund halten und haben nichts zu sagen.

Auch das Verfahren, in dem das ganze durchgedrückt werden soll, steht im Lichte der reaktionären CSU-Manier: Nur auf Druck von außen hat die CSU Ende Oktober vergangenen Jahres das Eckpunktepapier veröffentlicht. Während ganz Deutschland nur noch über Corona redet, soll im Windschatten hiervon ein solch bedeutendes Gesetz im Eilverfahren durchgedrückt werden. Vermutet wird Juni, oder Juli. Auch hier zeigt sich: Die Geschichte von der Demokratie dieses Landes, welche uns immer erzählt wird, wird zur reinen Farce. Hier geht es der CSU nicht um eine breite gesellschaftliche Diskussion, bei der die für die Gesellschaft beste Idee ausgewählt wird. Ähnlich wie beim Polizeiaufgabengesetz (PAG) drückt die CSU mit ihrer Macht, entgegen einer Diskussion ein Gesetz durch, welches den Interessen der herrschenden entspricht, aber nicht dem der Gesellschaft.

Eine Hochschulreform in wessen Interesse?

Im Kapitalismus haben die Banken und Konzerne das Interesse die Bildung exakt auf Ihre Bedürfnisse zuzuschneiden. Das heißt: nur das was für den Profit nötig ist, wird gelehrt. Der Wegfall der Fächervielfalt, der Fokus auf die Abhängigkeit der Unis von Geldgebern aus der Wirtschaft, die Senkung der Lehrqualität bei Schwerpunktverlegung auf (gewinnbringende) Forschung, die weiteren Flexibilisierungsmaßnahmen, welche auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden und vieles mehr gehen genau in diese Richtung.

Das ist eine Reform im Interesse des Kapitals, keine Reform im Interesse der Studierenden, des Mittelbaus, der Angestellten, oder der Gesellschaft.

Solide Bildung für die Masse, statt Elitenbildung für die Wirtschaft!

Wie oben angesprochen, ist es eine solide Bildung, die uns dazu befähigt, die Welt zu erkennen und zu verändern. Wir brauchen eine hochqualitative Bildung für Alle, statt nur eine Schmalspurausbildung in wenigen gewinnbringenden Fächern im Dienste der Geldgeber:innen aus der Wirtschaft.

Nur weil manches Wissen im Produktionsprozess nicht direkt verwertbar ist, heißt es noch lang nicht, dass dieses Wissen keinen Wert für die Gesellschaft hat. Bildung sollte darauf abzielen, solidarisch handelnde Menschen zu erziehen, die zusammenstehen und einander helfen. Wieso den Konkurrenzgedanken durch ein Konkurrenzverhältnis der Unis zueinander noch weiter ausbauen?

Unsere Bildung nimmt einen wichtigen Teil des Lebens ein. Wieso die Macht der Hochschulräte ausbauen, statt endlich demokratische Gremien mit allgemeinpolitischem Mandat schaffen, die aus den Reihen der Studierenden besetzt werden. So könnten wir über einen so essenziellen Teil unseres Lebens selbst mitbestimmen.

Eine gute Bildung für alle erfordert Geld. Das muss vom Staat kommen und nicht aus Drittmitteln. Geld ist genug da! So wurden in der Coronapandemie auf die Schnelle Milliarden für die großen Konzerne locker gemacht, nachdem diese noch Dividende in Milliardenhöhe an die Aktionär:innen ausgezahlt hatten. Für die Bundeswehr sollen 140 neue Kampfjets angeschafft werden.

Bildung sollte allen offenstehen! Die geplanten Gebührenerhebungsmöglichkeiten für Nicht-EU-Studierende spaltet uns als Studierende. Gebühren sind in Form einer Bildungssteuer von den Banken und Konzernen zu erheben. Diese profitieren von gut ausgebildeten Menschen und machen dadurch ihre Gewinne.

Wir brauchen ein Bildungssystem, das uns nicht in Menschen erster und zweiter Klasse spaltet, sondern in dem alle Menschen kostenfrei, ob mit oder ohne Behinderung, egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts etc., mit- und voneinander lernen können.

Und vor allem brauchen wir dazu einen gut ausgebildeten und breit aufgestellten Mittelbau an den Unis und Hochschulen, der gut bezahlt wird und einen sicheren Job ohne Befristung hat. Weg mit den befristeten Teilzeitverträgen und unzähligen unbezahlten Überstunden!

Weg mit einem Hochschulgesetz für die Wirtschaft, her mit einem Hochschulgesetz im Interesse der Gesellschaft!

 

Forderungen
  • Umfassende demokratische Beteiligung der Studierenden, sowie die generell verfasste Studierendenschaft!
  • Umfassende demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten der Angestellten und des Mittelbaus!
  • Kostenfreie Bildung für Alle, keine Abwälzung der Kosten auf die Studierenden, den Mittelbau, oder die Angestellten!
  • Unbefristete Arbeitsverträge nach Tarif für den Mittelebau!
  • Die Freiheit der Wissenschaft (GG Art. 5 Abs. 3) muss auch die Freiheit von Kapitalinteressen bedeuten! Staatliche Finanzierung statt Drittmittelabhängigkeit!
  • Erhalt der Fächervielfalt!
  • Hochschullandschaft frei von Konkurrenzkampf und Standortlogik!
  • Keine Finanzierung von Unternehmensgewinnen mit Steuergeldern!
  • Transparenter Gesetzgebungsprozess unter Einbezug aller vom Gesetz betroffenen mit großzügigem zeitlichen Rahmen für eine ausreichende Diskussion!
  • Qualitativ hochwertige Lehre für alle Studierenden, ohne reine Forschungsprofessuren!

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